Geschäftsbericht 2023

Geschäftsbericht 2023

Nachhaltige Landnutzung

Consumer

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Nachhaltiger Anbau von Rohstoffen

Natürliche Ressourcen sind eine wichtige Basis für die Entwicklung unserer Produktformeln. Weder durch die Beschaffung noch durch die Verwendung dieser Rohstoffe wollen wir die Umwelt belasten oder schädigen. Unser Ziel lautet daher, unsere wichtigsten erneuerbaren Rohstoffe wie Palm(kern)öl-Derivate, Sojaöl und Primärpackmittel bis 2025 aus nachhaltigeren Quellen zu beziehen. Diese Hauptrohstoffe sollen bis 2025 außerdem entwaldungsfrei beschafft werden. Aus diesem Grund ist das Thema „nachhaltige Landnutzung“ als Fokusfeld ein fester Bestandteil unserer Nachhaltigkeitsagenda. Entsprechende Nachhaltigkeitsprogramme laufen seit 2010 für palmölbasierte Rohstoffe beziehungsweise 2018 für papierbasierte Verpackungen. Ähnliche Programme sind derzeit für Sojaöl zur Zertifizierung, Transparenz in der Lieferkette und entwaldungsfreien Beschaffung im Aufbau.

Im Juni 2023 ist die EU-Verordnung zur Vermeidung von Entwaldung (EU Deforestation Regulation – EUDR) in Kraft getreten. Sie verbietet die Einführung und den Vertrieb von Produkten in der EU, für deren Rohstoffe nach dem 31. Dezember 2020 Flächen entwaldet wurden. Um unternehmensinterne Prozesse an die Anforderungen dieses Gesetzes anzupassen, haben wir eine Task-Force ins Leben gerufen. Sie besteht aus Mitarbeitenden der Funktionen Einkauf, Nachhaltigkeit, Compliance, Recht sowie Forschung und Entwicklung (F&E) und ist für die Durchführung der umfassenden Sorgfaltspflicht verantwortlich. So wollen wir sicherstellen, dass unsere Hauptrohstoffe im Einklang mit der EUDR entwaldungsfrei beschafft werden.

Innerhalb von Beiersdorf kooperiert die Nachhaltigkeitsabteilung mit Kolleg*innen aus verschiedenen Fachabteilungen wie Einkauf, F&E, Qualitätsmanagement und Supply Chain, um unsere Programme für nachhaltig zertifizierte Rohstoffe und Verpackungen weltweit umzusetzen. Der Sustainability Council wird regelmäßig über Fortschritte informiert und in Strategieworkshops mit einbezogen. Dieser Input ist wichtig, damit wir unsere Programme kontinuierlich weiterentwickeln und die Erreichung unserer Ziele überprüfen können.

Palm(kern)öl-Derivate

Palm(kern)öl-Derivate sind ein wichtiger Rohstoff für unsere Kosmetik- und Körperpflegeprodukte; dabei handelt es sich um weiterverarbeitete Substanzen auf Basis von Palm(kern)öl. Aus diesem sowie anderen pflanzlichen oder mineralischen Ölen und entsprechenden Derivaten werden essenzielle Inhaltsstoffe wie Emulgatoren und Tenside hergestellt. Für die Produktion bezieht Beiersdorf das Öl der Ölpalme nicht direkt, sondern setzt dessen Derivate ein. Unser Gesamtbedarf an Palm(kern)öl-Derivaten lag 2023 bei rund 38.000 Tonnen.

Palm(kern)öl ist ein nachwachsender Rohstoff mit hoher Effizienz: Die Ölpalme hat im Vergleich zu anderen Pflanzen wie Kokos, Raps oder Sonnenblume einen fast fünfmal so hohen Flächenertrag.1 Das macht den Anbau von Palmöl attraktiv, führt jedoch gleichzeitig oft zur Rodung von Regenwäldern. Unser Anliegen ist es, diese Entwaldung weltweit zu vermeiden.

Durch Zertifizierung, Transparenz und langfristige Veränderung wollen wir die ökologischen und sozialen Risiken entlang der Lieferkette von palm(kern)ölbasierten Rohstoffen identifizieren und minimieren. Unsere „Palm Sustainability Roadmap“ und unsere „Sustainable Palm Policy“ leiten uns weltweit bei unseren Aktivitäten für eine nachhaltigere Rohstoffbeschaffung. Wir setzen uns beispielsweise dafür ein, die Arbeitsbedingungen der im Anbau tätigen Personen vor Ort zu verbessern. Um unsere Ziele zu erreichen, verfolgen wir verschiedene Ansätze:

Nachhaltige Zertifizierung

Unser Ziel, bis Ende 2020 100 % nachhaltig zertifiziertes Palm(kern)öl und dessen Derivate zu verwenden, haben wir erreicht: Wir setzen nur noch palmbasierte Rohstoffe aus nachhaltigen Quellen nach dem „Mass Balancing“-Modell (Massenbilanzansatz) des „Roundtable on Sustainable Palm Oil“ (RSPO) in unseren Produkten ein.2

Gemäß diesem Modell können Produkte zertifiziert werden, in denen sowohl RSPO-zertifiziertes als auch nicht zertifiziertes Palmöl enthalten sind. Dabei muss gewährleistet werden, dass die verarbeitete Menge des RSPO-zertifizierten Palmöls der eingekauften Menge zertifizierten Palmöls entspricht. Diese Option ist insbesondere für die Nutzung von palm(kern)ölbasierten Derivaten relevant, da die Derivate-Lieferketten vielstufig und somit höchst komplex sind. Daher gibt es keine Infrastruktur für eine „RSPO Segregated“-Lieferkette, also eine Lieferkette, in der RSPO-zertifizierte und nicht zertifizierte Derivate getrennt gehandelt werden.

Wir arbeiten nun weiter auf unser Ziel hin, unsere Palm(kern)öl-Derivate bis 2025 entwaldungsfrei zu beschaffen. Um unseren Fortschritt zu messen, nutzen wir das Satellitenüberwachungsprogramm „Nusantara Atlas“. Auf Grundlage der dort im Sommer 2023 veröffentlichten Ergebnisse für das Jahr 2022 konnten wir verifizieren, dass etwa 63 % der palmbasierten Rohstoffmengen in unseren Palm(kern)öl-Mühlen in Indonesien und Malaysia entwaldungs- und umwandlungsfreien Ursprungs waren.

Transparenz in der Lieferkette

Die Lieferkette von Derivaten umfasst eine Vielzahl verschiedener Parteien. Wir beziehen Palm(kern)öl nicht direkt, sondern erhalten dessen Derivate von Zulieferbetrieben. Daher haben wir nur einen begrenzten Einfluss auf die vorgelagerte Lieferkette.

Dennoch wollen wir die Herkunft unserer Rohstoffe bis auf die Ebene von Raffinerien, Mühlen und Plantagen zurückverfolgen können. Deshalb sind wir Gründungsmitglied der seit 2019 bestehenden branchenübergreifenden Initiative „Action for Sustainable Derivatives“ (ASD). Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die Transparenz und Nachhaltigkeit der Lieferketten für Derivate zu erhöhen. Dafür kontaktiert die Initiative unsere direkten Lieferbetriebe und fragt unter anderem Informationen zu deren vorgelagerter Lieferkette und Palmöl-Volumina ab. So arbeitet sich die ASD durch die gesamte Palmöl-Liefer­kette vor. Ziel der jährlichen Rückverfolgung unserer Rohstoffe ist es, die Transparenz in unserer Palm(kern)öl-Liefer­kette zu steigern, „Hot Spots“ zu identifizieren und gezielt Projekte vor Ort zu unterstützen.

Nachhaltige Veränderung in den Anbaugebieten

Wir engagieren uns direkt in den Palmöl-Anbau­gebieten, um die lokalen Arbeits- und Lebensbedingungen von Produzenten mit kleinen und mittelgroßen Ölpalmplantagen langfristig zu verbessern sowie die Umwelt zu schützen. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit den Produzenten am Umstieg auf eine nachhaltigere Bewirtschaftung der Plantagen ohne weitere Entwaldung hinzuarbeiten.

Seit Mitte 2018 arbeiten wir beispielsweise mit dem World Wide Fund for Nature (WWF) an einem Projekt in West-Kalimantan, Indonesien. Wir unterstützen insgesamt drei Dörfer mit einer Bevölkerung von rund 4.500 Einwohner*innen. Dieses Projekt sieht vor, die Kleinbauern und Kleinbäuerinnen in nachhaltigeren Anbaupraktiken zu schulen und sie dabei zu unterstützen, ihre Anbauflächen rechtlich anerkennen zu lassen. Für eine effizientere Organisation des Wissenstransfers und eine gemeinsame Interessenvertretung haben wir die Gründung eines übergeordneten Verbands gefördert. 2022 wurde die erste Phase abgeschlossen und das Projekt um weitere vier Jahre verlängert. Die zweite Projektphase (Mitte 2022 bis 2026) sieht vor, mindestens 300 Mitglieder für den Farmerverband zu gewinnen und mindestens 200 Mitglieder des Verbands nach dem RSPO-Standard zu zertifizieren. Außerdem soll den Kleinbauern und Kleinbäuerinnen ein direkter Marktzugang zu einer Palmöl-Mühle ermöglicht werden. Unterstützt wird die zweite Projektphase zusätzlich von einem unserer Lieferanten, dem Spezialchemieunternehmen Evonik.

Seit 2020 unterstützten wir den WWF gemeinsam mit Evonik in einem zweiten Projekt bei der Umsetzung eines Landschaftsprojekts im malaysischen Sabah. Bis 2026 wird auf einer Fläche von 15.000 Hektar mit kleinen und mittelgroßen Produzenten daran gearbeitet, dass der Palmöl-Anbau dem RSPO-Standard entspricht. Weiterhin wird durch die Aufforstung eines Waldkorridors angestrebt, den zusammenhängenden Lebensraum für die Migration von Wildtieren wie Orang-Utans wieder herzustellen. Durch die Zusammenarbeit mit Gemeinden und Plantagenbetreibern wollen wir Konflikte zwischen Mensch und Tier entlang der Wanderrouten entschärfen.

Außerdem unterstützen wir im Konsortium mit 26 Partnern ein Projekt des Forums Nachhaltiges Palmöl (FONAP) in Sumatra, Indonesien. Das Projektgebiet gilt als eines der letzten Refugien für bedrohte Tierarten wie den Sumatra-Orang-Utan, den Sumatra-Tiger und den Sumatra-Elefanten. Wir wollen dazu beitragen, die Pufferzone um den Nationalpark herum zu erhalten. Erreicht werden soll dies über die Einrichtung eines nachhaltigen Landschaftsmanagements, den Aufbau eines Gewässermanagements zum Schutz von Fluss und Uferstreifen sowie die Gestaltung eines nachhaltigen Ölpalmenanbaus durch regenerative Landwirtschaft.

Shea

Auch Sheabutter ist ein wichtiger Bestandteil in vielen unserer Produkte. Beiersdorf ist daher seit 2019 Mitglied der „Global Shea Alliance“ (GSA). Mit der GSA (Sitz in Accra, Ghana) und unseren Shea-Zuliefer­betrieben arbeiten wir in den teils sehr armen ländlichen Regionen des sogenannten „Shea Belts“ – dem Hauptanbaugebiet in Afrika – zusammen. In enger Zusammenarbeit mit GSA und unserem Shea-Lieferanten AAK wollen wir über fünf Jahre hinweg insgesamt 10.000 Shea-Sammlerinnen in Ghana und Burkina Faso unterstützen. Frauen verantworten traditionell Ernte und Herstellung von Sheabutter. Die Shea-Sammlerinnen sichern mit der Produktion ihren Lebensunterhalt und stärken ihre Stellung in der Gesellschaft; die Organisation in Verbänden und Frauengruppen verbessert außerdem ihre Verhandlungssituation für den Handel am Weltmarkt. Um die Unabhängigkeit und Selbstständigkeit der Frauen langfristig zu fördern, bieten wir gemeinsam mit der GSA Schulungen zu Themen wie Gesundheit, Arbeitssicherheit und vor allem Produktionsnachhaltigkeit an. Bisher haben über 11.000 Frauen dieses Angebot wahrgenommen. Im Schulungsschwerpunkt Produktionsnachhaltigkeit erfahren die Shea-Sammlerinnen etwa, wie man energieeffizientere Kochherde aus lokalen Materialien wie Termitensand baut, um die Sheakerne vorzubehandeln. Durch die optimierte Bauweise wird weniger Holz benötigt und es entsteht weniger Rauch als bei sonst oft verwendeten Drei-Steine-Öfen. Die Frauen können die zwei Mal effizienteren Kochherde auch privat verwenden. Eine Umstellung kann sich – sowohl im wirtschaftlichen Handeln als auch privat – positiv auf die Gesundheit der Shea-Sammlerinnen auswirken und CO2e-Emissionen reduzieren.

Darüber hinaus wollen wir bis 2024 vor Ort 10.000 Sheabäume pflanzen. Auf diese Weise leisten wir einen Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel, denn die Bäume binden CO2 und können dem Verlust von nutzbaren Flächen durch die Ausbreitung von Wüsten entgegenwirken. 2023 konnten wir dieses Ziel sogar übertreffen, denn insgesamt haben wir bis dahin mehr als 17.500 Setzlinge des Sheanussbaums in Ghana und Burkina Faso gepflanzt.

Mica

Das Mineral Mica (auch bekannt als Glimmer) wird meist für einen dekorativen Effekt verwendet und kommt in unseren Hautpflegeprodukten von NIVEA und Eucerin sparsam zum Einsatz: Es macht mit 0,003 % einen sehr geringen Anteil unseres gesamten Rohstoffvolumens aus. Aufgrund seines natürlichen Ursprungs und geringerer potenzieller Umweltbelastung ist es Alternativen nicht natürlichen Ursprungs vorzuziehen. Allerdings wird Mica teilweise unter problematischen Bedingungen abgebaut. Deswegen sind wir in der Auswahl unserer Lieferanten besonders selektiv. Wir arbeiten ausschließlich mit Lieferanten, die Mitglied der „Responsible Mica Initiative“ (RMI) sind, zusammen. Die RMI ist ein Aktionsbündnis für den Aufbau einer fairen, verantwortungsvollen und nachhaltigen Mica-Lieferkette in Indien. Auch Beiersdorf ist 2023 der RMI beigetreten und unterstützt damit die Einhaltung ethischer Standards entlang der Mica-Lieferkette. Mit unserer Mitgliedschaft fördern wir zudem verschiedene Gemeinschaftsprojekte in den Bereichen (Kinder-)Schutz und Bildung, Ernährung und Gesundheit sowie staatliche Dienstleistungen in wichtigen Herkunftsländern wie Indien. Mit dem Blockchain-basierten Tool „Tilkal“ sorgen wir zusätzlich dafür, dass unsere Mica-Rohstoffe bis auf die Ebene der ersten Verarbeitungseinheiten transparent, rückverfolgbar und prüfbar dokumentiert sind.

Papier

Für viele unserer Produktverpackungen setzen wir Papier oder Pappe ein. Auch diese natürliche Ressource möchten wir nachhaltig beschaffen. 2018 haben wir eine „Sustainable Paper and Cardboard Policy“ aufgesetzt. Darin setzten wir uns das Ziel, bis Ende 2020 weltweit 100 % recycelte oder nach dem FSC®-Standard als nachhaltig zertifizierte Primärpackmittel einzusetzen. Dieses Ziel hatten wir Ende 2020 erstmalig erreicht. Wir beziehen seitdem 100 % unserer Faltschachteln (beispielsweise als Umverpackung von Gesichtscremes), alle eingesetzten Blisterkarten (etwa die Pappverpackungsteile für Lippenpflegestifte) sowie alle beigepackten Infozettel aus FSC®-zertifiziertem Material. Seit Sommer 2023 arbeiten wir eng mit externen Partner*innen und unseren Lieferanten zusammen, um unsere Papier- und Pappprodukte genauer rückverfolgen zu können. Auch in Verbindung mit der EUDR wollen wir sicherstellen, dass alle unsere Materialien in Europa, die aus neuwertigem Papier oder Holz bestehen, nicht in Zusammenhang mit Entwaldung oder der Umwandlung von Wäldern stehen.

1 FONAP www.forumpalmoel.org/home

2 Inklusive La Prairie und STOP THE WATER WHILE USING ME!

CO₂e – (CO₂-Äquivalente)
Maßeinheit, um den Effekt verschiedener Treibhausgase zu vergleichen. Dabei wird die Menge eines Treibhausgases in die entsprechende Menge CO2 umgerechnet, die über einen gegebenen Zeitraum dieselbe Erwärmung bewirkt.
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