Geschäftsbericht 2022

Geschäftsbericht 2022

Kreislaufwirtschaft

Consumer

Consumer

Unsere Produkte stehen weltweit für hohe Qualität und effektive Hautpflege. Diesem Qualitätsanspruch und den gestiegenen Nachhaltigkeitsanforderungen wollen wir gerecht werden und das Vertrauen der Verbraucher*innen in unsere Produkte wahren. Für uns umfasst dieses Vertrauen auch die Verantwortung, die Umweltverträglichkeit unserer Produkte zu optimieren und verantwortungsvoll mit Ressourcen umzugehen, um negativen Umweltauswirkungen entgegenzuwirken.

Für die Integration von Produktnachhaltigkeit in unsere Unternehmensstrategie C.A.R.E.+ und auf Markenebene ist der Vorstand verantwortlich. Ihm ist seit August 2022 das Corporate Sustainability Team direkt unterstellt. Daneben steht unser Sustainability Council (s. Kapitel „Strategie“) in regelmäßigem Austausch mit dem Senior Management aus Marketing und Forschung & Entwicklung; er berichtet über laufende Projekte sowie den Status der Zielerreichung, zum Beispiel im Bereich der Emissionsreduktion. Wir nutzen zudem die Expertise aus verschiedenen Abteilungen und von externen Stakeholder*innen wie Lieferunternehmen und Nachhaltigkeitsberatungen, um funktions- bzw. wertschöpfungskettenübergreifende Projekte umzusetzen.

Ganzheitliche Betrachtung von Produkten

Es ist uns wichtig, unsere Produkte ganzheitlich nach ihren ökologischen und sozialen Auswirkungen zu bewerten. Mittels sogenannter Lebenszyklusanalysen (LZA) werden für bestimmte Produkte alle Umweltwirkungen von der Rohstoffbeschaffung bis zur Entsorgung aufgelistet und zusammengefasst. Anhand dieser Analyse erstellen wir eine Ökobilanz, die darstellt, welche Auswirkungen das Produkt auf die Umwelt hat und wo es Verbesserungspotenziale gibt. Außerhalb der Nutzungsphase durch die Verbraucher*innen hängt der Umwelteinfluss unserer Produkte vor allem von den eingesetzten Rohstoffen und der Ressourceneffizienz der Verpackungen ab. Daher konzentrieren wir unsere Nachhaltigkeitsbemühungen auf diese Bereiche.

Nachhaltige Verpackungen

Der Verbrauch natürlicher Ressourcen ist über die vergangenen Jahrzehnte weltweit kontinuierlich gestiegen. Negative Umwelteinflüsse sowie die Abfallproduktion nehmen stetig zu und schaden der Umwelt dauerhaft. Um dem entgegenzuwirken, setzt sich Beiersdorf für die Stärkung der Kreislaufwirtschaft ein: Die Kreislauffähigkeit unserer Verpackungen und Inhaltsstoffe ist für uns von zentraler Bedeutung.

Unsere Verpackungen bestehen aufgrund des geringen Gewichts, der hohen Stabilität und der gleichzeitigen Flexibilität zu großem Teil aus Kunststoffen. Somit nutzen wir Materialien, die meist auf der endlichen Ressource Erdöl basieren und vielfach nicht recycelt werden. Wir arbeiten intensiv daran, unsere Kunststoffverpackungen nach den Nachhaltigkeitsprinzipien „Vermeiden, Reduzieren, Wiederverwenden und Recyceln“ zu optimieren und so unseren Beitrag zur Kreislaufwirtschaft zu leisten. Damit unsere Maßnahmen messbar sind, haben wir uns im Bereich Verpackungen folgende globale Ziele bis 2025 gesetzt:

  • Im Vergleich zu 2019 möchten wir 50 % weniger erdölbasiertes Neuplastik in unseren Verpackungen einsetzen
  • und mindestens 30 % Rezyklat, also recyceltes Material, in unsere Kunststoffverpackungen integrieren.
  • 100 % unserer Verpackungen sollen wiederbefüllbar, wiederverwendbar oder recyclingfähig sein.

2022 sind wir auf dem Weg zu unseren Zielen wie folgt vorangekommen:

  • 15 % Reduktion von erdölbasiertem Neuplastik in unseren Verpackungen (2021: 9 %).
  • 10 % Rezyklat in unseren Kunststoffverpackungen (2021: 7 %).

Unser drittes Ziel, die Recyclingfähigkeit, bezieht sich auf das Ende des Verpackungslebenszyklus. Um unsere Fortschritte hinsichtlich der Recyclingfähigkeit messbar zu machen, führten wir 2021 eine neue Methodik gemäß den Prinzipien der Ellen MacArthur Foundation ein.1 Im Jahr 2021 wurde die Recyclingfähigkeit auf Basis des Kunststoffflaschengewichts berechnet.

Wie in 2021 angekündigt, führten wir im Berichtsjahr mit „Design for Recycling“ eine weitere Kenngröße ein, nach der eine Verpackung von Beginn an in mindestens einem Land recycelbar sein muss, auch wenn dies in der heutigen Infrastruktur noch nicht global möglich ist. Damit erfüllen alle Verpackungen, die heute schon global recycelbar sind, gleichzeitig auch die Kriterien für Design for Recycling.

Beide Ziele, Design for Recycling und globale Recycelbarkeit, werden für das Berichtsjahr 2022 nicht nur auf Kunststoffverpackungen, sondern auf alle eingesetzten Verpackungsarten und Materialien (Kunststoff, Metall, Glas und Papier) ausgeweitet.

Die globale Recyclingfähigkeit und das Design for Recycling werden auf Basis der Methodik einer unabhängigen Zertifizierungsstelle digital bewertet. Anschließend rechnen wir die Ergebnisse der individuellen Analysen einzelner Verpackungen auf das Gesamtportfolio hoch.

So waren im Berichtsjahr

  • 80 % aller Verpackungen recyclingfähig gestaltet („designed for recycling“).

Zudem entspricht folgender Anteil den Anforderungen an globale Recyclingfähigkeit:

  • 67 % aller Verpackungen galten als global recycelbar.

Umweltfreundliche Produktformeln

Um die Kreislauffähigkeit unserer Produktformeln zu optimieren, haben wir uns Ziele gesetzt, sowohl hinsichtlich des Verzichts auf Mikroplastik gemäß der Definition des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP)2 als auch für den Einsatz von biologisch abbaubaren Polymeren. Um unseren Fortschritt präziser und schneller zu verfolgen, wurde im Berichtsjahr ein umfassendes IT-Infrastrukturprojekt initiiert. Im Ergebnis können fortan Daten auf einer neuen Benutzeroberfläche zusammengeführt werden, die in der Vergangenheit manuell verknüpft wurden. Aufgrund der historischen Verfügbarkeit der Daten führen diese Veränderungen zu einer Anpassung des Basisjahres für das Ziel der nicht biologisch abbaubaren Polymere.

So möchten wir die Produktion von kosmetischen Produkten der Marke Eucerin, die Mikroplastik enthalten, bis Ende 2023 einstellen, indem wir entsprechende Rezepturen umformulieren.

Deshalb berichten wir über Kenngrößen, die die Umweltauswirkung beziffern und den Transformationsstatus unserer Produktformeln widerspiegeln. Für das Jahr 2022 können wir hierbei den folgenden Fortschritt berichten:

  • Bezogen auf das Rohstoffvolumen haben wir den Einsatz von Mikroplastik zwischen 2018 und 2022 um 76 % verringert.
  • Am Ende des Berichtsjahres verblieben noch elf Rezepturen von Eucerin, die Mikroplastik enthalten. Diese werden aktuell überarbeitet und sollen bis Ende 2023 ebenfalls mikroplastikfrei sein.

Für die Marke NIVEA wurde der Produktionsstopp für mikroplastikhaltige Kosmetika bereits mit Ende des Berichtsjahres 2021 erfolgreich umgesetzt.

Wir streben darüber hinaus an, bis Ende 2025 ausschließlich biologisch abbaubare Polymere in unseren europäischen Produktformeln zu verwenden. Ein Polymer ist ein Molekül, das aus vielen sich wiederholenden Untereinheiten besteht und in Kosmetika häufig verwendet wird. Die biologische Abbaubarkeit bezieht sich auf die Fähigkeit von Molekülen, durch die Einwirkung von Mikroorganismen wie Bakterien oder Pilzen abgebaut zu werden, wodurch eine Verschmutzung der Umwelt vermieden wird.

Durch den schrittweisen Verzicht auf nicht biologisch abbaubare Polymere verfolgen wir das Ziel, schädliche Auswirkungen auf die Umwelt zu reduzieren. Wir bewerten alle Rohstoffe im Hinblick auf ihre biologische Abbaubarkeit. Für diese Bewertung wenden wir Anhang XIII der REACH-Verordnung und die entsprechenden Leitlinien zu den Informationsanforderungen (Kapitel R.11) an, die auch die Kriterien für die Persistenz enthalten. Diese Kriterien beschreiben die Eigenschaften eines Moleküls, innerhalb eines bestimmten Zeitraums nicht biologisch abgebaut zu werden. Der Anhang und die Leitlinien zu den Informationsanforderungen bilden die Grundlage für die Identifizierung von Polymeren, die nicht biologisch abbaubar sind und bis Ende 2025 in unseren europäischen Produktformulierungen vermieden werden sollen. Um dieses Ziel zu erreichen, ersetzen wir nicht nur direkt die Inhaltsstoffe, sondern entwickeln auch völlig neue Polymertechnologien. Im Rahmen unserer kontinuierlichen individuellen Rohstoffbewertung konnten im Berichtsjahr für zahlreiche Polymere neue Nachweise erbracht werden, die deren biologische Abbaubarkeit bestätigen. Solche Rohstoffe wurden daher von der Berechnung der Zielerreichung ausgenommen. Darüber hinaus führt unsere Bewertung auch zu einer differenzierteren Betrachtung der Silikone Dimethicone und Cyclomethicone. Da deren Zuordnung zu den nicht biologisch abbaubaren Polymeren derzeit noch wissenschaftlich umstritten ist, werden sie für das Berichtsjahr separat ausgewiesen.

Die Verwendung nicht biologisch abbaubarer Polymere konnten wir in unseren europäischen Produktformeln im Vergleich zum Jahr 2018 bereits um 63 % senken. Damit reduzierten wir den Anteil verglichen mit dem Vorjahr um weitere 12 Prozentpunkte. Den Einsatz von Cyclo- und Dimethiconen konnten wir im Vergleich zum Jahr 2018 um 23 % reduzieren.

Darüber hinaus ist es unser Ziel, den Einsatz von Rohstoffen aus nicht fossilen, erneuerbaren Materialien zu erhöhen und gleichzeitig eine nachhaltigere Beschaffung zu ermöglichen. Somit wollen wir negative Umweltauswirkungen durch eine erhöhte Nachfrage nach bestimmten Rohstoffen verhindern (s. Kapitel „Nachhaltige Landnutzung“).

Partnerschaften im Bereich Produktnachhaltigkeit

Um die Menge an klimaschädlichem CO2 in unserer Atmosphäre zu reduzieren, gehen wir neue Wege: NIVEA MEN verwendet in der neuen Feuchtigkeitspflege „Climate Care" Ethanol, der von der Firma Lanzatech aus recyceltem CO2 gewonnen wird. In dem Verwertungsverfahren „Carbon Capture Utilization“ wird Kohlenstoff zunächst gesammelt und in einen Bioreaktor abgeleitet. Danach wird er fermentiert, anschließend zu kosmetischem Ethanol aufbereitet und letztlich in den Pflegeprodukten verarbeitet.

Anfang des Jahres 2022 ist Beiersdorf dem EcoBeauty Score Consortium beigetreten. Ziel dieser Initiative aus mehr als 60 Kosmetik- und Körperpflegeunternehmen sowie -verbänden ist es, einen leicht verständlichen, global geltenden Standard zu schaffen, der einen nachhaltigeren Konsum von Kosmetik- und Hautpflegeprodukten fördert. Über ein Punktesystem sollen die Umweltauswirkungen verschiedener Produkte einheitlich erfasst und transparent an Verbraucher*innen kommuniziert werden – sodass diese unmittelbar erkennen, ob und inwiefern Produkte ökologisch nachhaltig sind. Der Score soll Aspekte wie die Verpackung, die Zusammensetzung der Formel und Umweltauswirkungen während der Nutzungsphase berücksichtigen.

Darüber hinaus sind wir Unterstützer der Ellen MacArthur Foundation (EMA). Die EMA engagiert sich dafür, die Transformation zur globalen Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen und eine regenerative und restaurative Wirtschaft aufzubauen. Dabei arbeitet sie mit Unternehmen, Wissenschaft, Politik und Institutionen zusammen. Im Netzwerk der Foundation tauschen wir uns aus und entwickeln gemeinsam neue Ideen.

Um auch über den Einfluss der direkten Geschäftstätigkeit hinaus neue Ideen im Bereich Kreislaufwirtschaft zu unterstützen, ist Beiersdorf Gründungsinvestor des Emerald Technology Ventures Fund. Über den Fonds soll die Entwicklung fortschrittlicher Materialien und industrieller Technologien vorangetrieben werden, um Verpackungen über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg nachhaltiger zu gestalten. Die Risikokapitalgesellschaft Emerald Technology Ventures bringt dafür Start-ups mit erfahrenen Konzernen zusammen.

Daneben investieren wir in den Venture Capital Fund „Revent“. Der Fonds unterstützt europaweite Start-ups in ihren Frühphasen, die mittels Technologie einen systemischen Wandel vorantreiben wollen – vor allem in den Bereichen Klima, Lebensmitteltechnologie, Gesundheit und wirtschaftliches Empowerment.

1 Nach Definition der Ellen MacArthur Foundation (EMA) sind Verpackungen oder Verpackungskomponenten recycelbar, wenn ihre erfolgreiche Sammlung, Sortierung und Wiederverwertung nachweislich in der Praxis und im großen Maßstab global erfolgt.

2 Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) beschreibt in seiner Definition Mikroplastik-Partikel als feste Kunststoffteilchen mit weniger als 5 mm Durchmesser, die nicht biologisch abbaubar sowie nicht wasserlöslich sind.