Integriertes Risiko- und Chancenmanagementsystem
Im Beiersdorf Konzern ist das Risiko- und Chancenmanagementsystem ein integraler Bestandteil der zentralen und dezentralen Planungs-, Steuerungs- und Kontrollprozesse in den einzelnen Gesellschaften, den Management Units und Regionen sowie den Funktionen. Es gilt auf Ebene der Unternehmensbereiche Consumer und tesa sowie auf der Konzernebene. Ergänzt wird das Chancen- und Risikomanagement durch die jeweiligen rechnungslegungsbezogenen internen Kontrollsysteme, die verschiedenen in- und externen Überwachungsgremien – unterstützt von der internen Revision – sowie die externen Prüfer. Das ebenso hier zu nennende Compliance-Management wird im Kapitel „Nichtfinanzielle Erklärung“ ausführlich beschrieben.
Das Risiko- und Chancenmanagement (im Folgenden kurz Risikomanagement) orientiert sich direkt an der Unternehmensstrategie und unterstützt Beiersdorf dabei, seine Potenziale zu erkennen, auch stets unter Risikoaspekten zu analysieren und optimal auszuschöpfen. So ermöglichen beispielsweise regelmäßig durchgeführte Kund*innen- und Wettbewerbsanalysen eine zeitnahe Reaktion auf das dynamische Marktgeschehen. Aus den gewonnenen Erkenntnissen werden dabei konkrete Marktchancen und -risiken abgeleitet.
Beiersdorf geht Risiken aktiv nur dann ein, wenn diesen die Chance auf eine angemessene Wertsteigerung entgegensteht und sie mittels anerkannter Methoden und Maßnahmen innerhalb der jeweiligen Organisation handhabbar sind. In Fällen, in denen eine vollständige Vermeidung von Risiken nicht möglich oder sinnvoll ist, werden sie durch geeignete Maßnahmen reduziert oder auch auf Dritte übertragen, beispielsweise auf Versicherungsunternehmen.
Im Risikomanagementprozess werden mittels periodisch vorgenommener Inventuren die wesentlichen Risiken gemeinsam mit den risikosteuernden Maßnahmen strukturiert, identifiziert, bewertet, dokumentiert sowie nachfolgend kommuniziert. Die entsprechenden Grundsätze, Berichts- und Rückkopplungsprozesse sowie Verantwortlichkeiten sind in einer konzernweit gültigen Richtlinie geregelt. Diese wird regelmäßig aktualisiert.
Beiersdorf Risikodarstellung
Beiersdorf unterscheidet strategische, funktionale und operative Risiken. Dabei werden unter strategischen Risiken grundsätzliche Rahmenbedingungen, Entwicklungen und Ereignisse betrachtet, die geeignet sein könnten, das Geschäftsmodell des Konzerns oder seiner Unternehmensbereiche wesentlich zu beeinflussen. Funktionale Risiken sind geschäftsmodellimmanente Herausforderungen. Ihnen wird von den verschiedenen Fachfunktionen in aller Regel auf globaler oder regionaler Ebene sowohl durch dauerhafte aufbau- und ablauforganisatorische Maßnahmen als auch durch konkrete Einzelmaßnahmen begegnet. Insbesondere im strategischen und funktionalen Risikomanagement sind auch die mit dem Klimawandel verbundenen Chancen und Risiken integriert. Operative Chancen und Risiken sind Sachverhalte, die die konkreten kurzfristigen Umsatz- und Ergebnisentwicklungen unserer Konzerngesellschaften beeinflussen können.
Diesen Risikokategorien sind adäquate Betrachtungszeiträume zugeordnet, die für strategische Risiken grundsätzlich fünf Jahre, für funktionale Risiken in der Regel zwei Jahre und für kurzfristige operative Risiken ein Jahr betragen.
Die Risiken werden (innerhalb ihrer Kategorie) auf der Grundlage ihrer jeweiligen Eintrittswahrscheinlichkeit sowie der potenziellen finanziellen und nichtfinanziellen Auswirkungen bei Eintritt des Risikos klassifiziert. Während in der operativen Steuerung unterschiedliche Schwellwerte zur Klassifizierung der finanziellen Auswirkung je nach Risikotyp angesetzt werden, gilt aus Konzernsicht ein einheitlicher Blick aus der Perspektive der Wesentlichkeit der Risiken mit entsprechend einheitlichen Schwellwerten. Es werden Nettorisiken betrachtet, deren Eintrittswahrscheinlichkeit und deren Auswirkungen nach Umsetzung von risikosteuernden Maßnahmen – bzw. bei Vorliegen konkreter Planungen unter deren Berücksichtigung – ermittelt werden.
Vorstand und Aufsichtsgremien werden regelmäßig auf Ebene der Unternehmensbereiche Consumer und tesa sowie auf Konzernebene über die Risikolage informiert. Daneben stellen direkte Informationswege sicher, dass plötzlich auftretende, wesentliche Risiken darüber hinaus sofort der Unternehmensführung gemeldet werden. Ein kontinuierlicher Informationsaustausch mit den Funktionen Corporate Development und Corporate Controlling fördert zusätzlich die Berücksichtigung der Risikoaspekte bei der Unterstützung der Unternehmensführung. Auch steht das zentrale Risikomanagement im kontinuierlichen Austausch mit themenspezifischen Task-Forces, die je nach Notwendigkeit durch den Vorstand gebildet werden. Im Verlauf des Geschäftsjahres 2024 waren jedoch keine speziellen Teams zu größeren Risikothemen aktiv.
Als wesentliches Gremium zur Beratung des Vorstandes in Fragen des Risiko Managements hat das Corporate Risk Board (CRiB) seine Arbeit fortgesetzt. Das CRiB ist weiterhin mit leitenden Personen wichtiger, meist global verantwortlicher Konzernbereiche aus mehreren Ressorts besetzt (Marketing, Qualitätsmanagement, interne Revision, Kommunikation, Nachhaltigkeit, Konzernrechnungslegung, IT-Security, Recht). Auftrag dieses Gremiums ist die breit angelegte Sammlung, vertiefte Bewertung und zusammengefasste Darstellung der verschiedenen, teils bereits bekannten, aber auch neu im Gremium erhobenen Risiken. Auf Basis der Einbringung vielschichtiger Perspektiven dient es Beiersdorf so als wichtige, sogenannte kollektive Intelligenz, die eine weitere Verbesserung und Ergänzung im Rahmen der Analyse wesentlicher Risiken ermöglicht.
Standardmäßig haben sich Vorstand und Aufsichtsrat bei der Auseinandersetzung mit den wesentlichen Risiken und Chancen mit dem Vergleich des aktualisierten, qualitativ (über Zuordnung und Bündelung der funktionalen zu strategischen Risiken) und quantitativ aggregierten Risikoportfolios zur finanziellen, ebenfalls aktualisierten Gesamt-Risikotragfähigkeit beschäftigt. Dabei war das Ziel erneut, zu ermitteln, ob auf dieser Basis die bisherige Gesamtbeurteilung der Risikolage (siehe unten) verändert werden müsste. Zur Beurteilung der Risikolage werden die möglichen negativen finanziellen Auswirkungen auf das prognostizierte EBIT der wesentlichen Risiken bei Eintritt addiert.
Zur Sicherstellung einer höchstmöglichen Transparenz und Nachvollziehbarkeit wird die finanzielle Risikotragfähigkeit von Beiersdorf auf Basis der durchschnittlichen Nettoliquidität ermittelt. Diese Methode wird genutzt, da sie besonders geeignet ist, die kurzfristige Risikoabsorptionsfähigkeit darzustellen: Liquidität steht (im Gegensatz zum Eigenkapital) zur sofortigen Bewältigung bei Risikoeintritt zur Verfügung. Dabei wird der für die Entwicklung der Nettoliquidität bei der mehrperiodigen Betrachtung heranzuziehende verfügbare Free-Cashflow lediglich um die vorher abgezogenen Investitionen in Wertpapiere sowie Effekte aus vergangenen M&A-Transaktionen wieder bereinigt. Die Ermittlung der Risikotragfähigkeit basiert damit auf einem sehr konservativen Ansatz, da sie grundsätzlich mögliche und durchaus bedeutsame kurzfristige Erhöhungen unserer Liquidität bewusst außer Acht lässt, die in tatsächlichen Krisensituationen abgestuft eingesetzt werden könnten. Zu diesen Erhöhungen zählten z. B. die Neubeschaffung und/oder Erhöhung von Kreditlinien, die Auflösung stiller Reserven, die Veräußerung von Anlagevermögen, einzelnen Geschäftsfeldern oder den im Bestand befindlichen eigenen Aktien bis hin zu zeitweiser Aussetzung der Dividendenzahlung, Verringerung der beabsichtigten Investitionen in den Markt oder die Erhaltung/der Ausbau unseres Anlagevermögens. Wir haben sowohl bei der Nettoliquidität als auch bei der Cashflow-Größe den Durchschnittswert der letzten fünf Jahre angesetzt, um die Tragfähigkeitsbeurteilung nicht von eher kurzfristigen oder einmaligen Ereignissen zu stark zu beeinflussen.
Als Ergebnis des Vergleichs der Risikolage mit der entsprechenden Tragfähigkeit lässt sich festhalten, dass das derzeitige, im Berichtsjahr neu bewertete Risikoportfolio im relevanten Betrachtungszeitraum der nächsten zwei Jahre selbst bei einem vollständigen und gleichzeitigen Eintreten aller Einzelrisiken weiterhin nicht im Stande wäre, auch nur annähernd eine bestandsgefährdende finanzielle Situation herbeizuführen.