Beschreibung des Verfahrens zur Ermittlung und Bewertung der wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen
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Allgemeine Angaben
Seit 2011 setzen wir auf Wesentlichkeitsanalysen als strategisches Instrument für die Ausrichtung unserer Nachhaltigkeitsstrategie und unserer Berichterstattung. Aufgrund der neuen Anforderungen im Rahmen der ESRS haben wir 2024 unseren Wesentlichkeitsprozess grundlegend überarbeitet und eine doppelte Wesentlichkeitsanalyse nach den Anforderungen der ESRS durchgeführt. Außerdem wurde die Analyse auf Gruppenebene für die Unternehmensbereiche Consumer und tesa konsolidiert.
Im ersten Schritt der Analyse wurden zunächst potenzielle und tatsächliche, positive und negative Auswirkungen sowie finanzielle Risiken und Chancen definiert. Dafür haben wir entlang unserer gesamten Wertschöpfungskette auf Ebene der in den ESRS vorgegebenen Unterthemen die Geschäftsaktivitäten identifiziert, bei denen Auswirkungen, Risiken und Chancen auftreten können. Diese Zuordnung der Wertschöpfungskette verschaffte einen Überblick darüber, wo im Rahmen der Wesentlichkeitsbewertung Wechselwirkungen zwischen den ökologischen und sozialen Auswirkungen unserer Geschäftstätigkeit sowie den damit verbundenen Risiken und Chancen auftreten könnten. Für Beiersdorf als Akteur in der Kosmetik- und FMCG-Industrie liegt der Fokus unter anderem auf der Ressourcennutzung, dem Verpackungsmanagement und den Lieferkettenbedingungen. Beispielsweise analysieren wir, wie die Gewinnung und Verarbeitung von Hauptrohstoffen wie Palmöl oder Wasser ökologische Risiken wie Entwaldung oder Wasserknappheit beeinflusst und gleichzeitig soziale Herausforderungen wie faire Arbeitsbedingungen in der Lieferkette berührt. Diese Wechselwirkungen werden nicht nur auf potenzielle Risiken, sondern auch auf Chancen wie innovative Verpackungslösungen oder nachhaltige Rohstoffalternativen geprüft. Somit wollen wir sicherstellen, dass unsere Nachhaltigkeitsstrategie nicht isoliert, sondern als dynamische Reaktion auf komplexe Abhängigkeiten gestaltet wird.
Als Datenbasis dafür dienten interne Quellen wie z. B. themenspezifische Risikoanalysen, sowie externe Datenquellen, die sich mit industriespezifischen Risiken auseinandersetzen.
Bei der Ermittlung und Bewertung der Auswirkungen unseres Unternehmens auf Mensch und Umwelt, haben wir sowohl unsere eigene Geschäftstätigkeit als auch die vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette in Betracht gezogen. Der Fokus lag dabei auf den wichtigsten Geschäftsaktivitäten, Produktgruppen, Geschäftsbeziehungen und den Hauptrohstofflieferketten, bei denen vermehrt sowohl negative als auch positive Auswirkungen, Chancen und Risiken zu erwarten sind. Im Hinblick auf Auswirkungen, Chancen und Risiken in den Bereichen Umweltverschmutzung, Wasser sowie Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft wurden keine einzelnen Standorte und Vermögenswerte überprüft und es wurden keine Konsultationen mit betroffenen Gemeinden vor Ort durchgeführt. Aufgrund der unterschiedlichen Geschäftsmodelle der Unternehmensbereiche Consumer und tesa wurden einzelne Auswirkungen teilweise separat bewertet.
Im nächsten Schritt wurden diese Auswirkungen, Risiken und Chancen im Rahmen mehrerer interner Workshops mit Vertreter*innen aller betroffenen Fachbereiche bewertet und priorisiert. Bei der Zusammenstellung der Workshops haben wir darauf geachtet, dass Fachvertreter*innen teilnahmen, die regelmäßig mit relevanten externen Stakeholder im Austausch stehen und deren Perspektiven somit indirekt in die Diskussionen eingebracht werden konnten. Es wurden keine externen Sachverständigen eingebunden.
Die Bewertung der Auswirkungen, Risiken und Chancen orientierte sich an den methodischen Vorgaben und Schwellenwerten, die in der Implementierungsanleitung der „European Financial Reporting Advisory Group“ (EFRAG) vorgegeben sind. Negative Auswirkungen wurden nach Ausmaß, Umfang und Unabänderlichkeit sowie bei potenziellen Auswirkungen nach Eintrittswahrscheinlichkeit bewertet. Bei positiven Auswirkungen wurde die Unabänderlichkeit nicht bewertet. Nach der Bewertung der positiven und negativen Auswirkungen haben wir diese anhand der von der EFRAG festgelegten Skalen und Wesentlichkeitsschwellen eingeordnet.
Bei der Bewertung der finanziellen Wesentlichkeit wurde die Eintrittswahrscheinlichkeit und das potenzielle Ausmaß der finanziellen Auswirkungen betrachtet. Dabei haben wir die Skalen und Schwellenwerte herangezogen, die im konzernweiten Risikomanagementsystem genutzt werden. Außerdem handelte es sich dabei – ebenfalls im Einklang mit dem konzernweiten Risikomanagementsystem – um eine Netto-Risikobetrachtung. Diese methodische Harmonisierung soll sicherstellen, dass die aus der Wesentlichkeitsanalyse gewonnenen Erkenntnisse in das allgemeine Risikomanagement des Unternehmens und damit einhergehende Managementprozesse integriert werden können. Nachhaltigkeitsrisiken haben im konzernweiten Risikomanagementsystem grundsätzlich den gleichen Stellenwert wie andere Arten von Risiken. Werden Nachhaltigkeitsrisiken als strategische Risiken eingestuft, werden diese besonders betrachtet (siehe Kapitel „Risiko- und Chancenbericht“).
Bei Überschreitung der Wesentlichkeitsschwelle für eine Auswirkung, eine Chance oder ein Risiko, wurde das dazugehörige Thema als wesentlich eingestuft. Die finalen Ergebnisse wurden schließlich von den relevanten Nachhaltigkeitsgremien der beiden Unternehmensbereiche – dem Sustainability Council (Unternehmensbereich Consumer) und dem Executive Committee (Unternehmensbereich tesa) – validiert. Auch Vorstand und Aufsichtsrat (Prüfungsausschuss) der Beiersdorf AG wurden informiert und mögliche strategische Implikationen der Ergebnisse wurden diskutiert.
Basierend auf den als wesentlich identifizierten Auswirkungen, Risiken und Chancen hat Beiersdorf eine Auswahl der Angaben getroffen, zu denen berichtet wird und den IROs berichtspflichtige Datenpunkte zugeordnet. Datenpunkte, die freiwillig zu berichten sind oder Phase-in-Erleichterungen unterliegen, wurden dabei eliminiert. Soweit Beiersdorf bei den verbliebenen Datenpunkten einzelne Datenpunkte oder Datenelemente identifiziert hat, die aufgrund von unternehmensspezifischen Gegebenheiten als nicht wesentlich klassifiziert wurden, wurden diese ebenfalls nicht in die Berichterstattung aufgenommen. Eine Übersicht der berichteten Angabepflichten ist in „Anhang A“ zu finden.
Die Überwachung der identifizierten Auswirkungen und Risiken ist ein zentraler Bestandteil unseres Nachhaltigkeitsmanagements. Entwicklungen und Fortschritte im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie werden anhand klar definierter KPIs und Ziele gemessen, wodurch notwendige Anpassungen frühzeitig vorgenommen werden können. Die Ergebnisse werden den relevanten Gremien vorgelegt, damit die identifizierten Risiken und Auswirkungen strategisch berücksichtigt werden können. Durch regelmäßige Überprüfung der Wesentlichkeitsanalyse stellen wir sicher, dass unsere Maßnahmen relevant bleiben. Die Wesentlichkeitsanalyse wird im Berichtsjahr 2025 überprüft und gegebenenfalls aktualisiert.
Analyse der klimabezogenen Auswirkungen, Risiken und Chancen
Bei der Identifizierung der klimabezogenen Auswirkungen im Rahmen der Wesentlichkeitsanalyse haben wir insbesondere unsere Emissionen über die Scopes-1 bis -3 in Betracht gezogen, um die Auswirkungen sowohl in unserem eigenen Betrieb als auch in der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette zu berücksichtigen. Für die Bewertung von physischen und transitorischen Klimarisiken und -chancen führen wir in regelmäßigen Abständen – zuletzt 2023 – Analysen gemäß den Anforderungen der „Task Force on Climate-related Financial Disclosures“ (TCFD) durch. Diese Ergebnisse sind ebenfalls in die Wesentlichkeitsanalyse eingeflossen. Die transitorischen Risiken und Chancen wurden auf Basis des „Net Zero Emission by 2050 Scenario“ (NZE) der „International Energy Agency“ (IEA) analysiert. Dabei wurde bewertet, inwieweit bestimmte Geschäftsaktivitäten und Vermögenswerte direkt oder indirekt durch regulatorische, technologische, Reputations- oder Marktrisiken beeinflusst werden, wie groß das Ausmaß der Auswirkungen ist, wie hoch die Eintrittswahrscheinlichkeit ist und welche Maßnahmen zur Risikominderung bei Beiersdorf bestehen.
Im Hinblick auf unsere physischen Risiken haben wir 2024 eine zusätzliche standortspezifische Analyse für alle Produktionsstandorte durchgeführt. Die Analyse basiert auf aktuellen, verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen und entsprechenden Methoden, die auch im Einklang mit dem jüngsten Bericht des Weltklimarats sowie anerkannten wissenschaftlichen Veröffentlichungen stehen. Im Rahmen der Analyse wurden sowohl chronische als auch akute Naturgefahren bewertet. Ziel war es, alle wesentlichen Risiken für die Produktionsstandorte unter aktuellen und zukünftigen Klimabedingungen zu identifizieren. Die Gefährdungen haben wir anhand eines Ensembles von 20 Klimamodellen unter Berücksichtigung der Emissionsszenarien SSP1-2.6, SSP2-4.5 und SSP5-8.5 für vier Zeiträume (2000, 2030, 2050, 2085) analysiert.
Mit der Betrachtung von drei Emissionsszenarien haben wir die gesamte Bandbreite der derzeit denkbaren Entwicklungen abgedeckt:
- SSP1-2.6: Dieses Szenario geht von einem geringen Anstieg der Emissionen ab 2020 aus und ist mit einem Temperaturanstieg von unter 2 °C im Vergleich zur vorindustriellen Zeit verbunden. Dies setzt weitreichende Klimaschutzmaßnahmen voraus.
- SSP2-4.5: Dieses Szenario repräsentiert einen mittleren Emissionspfad, bei dem Klimaschutzmaßnahmen und wirtschaftliche Entwicklung in einem Gleichgewicht stehen. Treibhausgasemissionen steigen moderat an, da weiterhin fossile Brennstoffe genutzt werden. Besonders in vulnerablen Regionen führt dies zu einem erhöhten Bedarf an Anpassungsstrategien.
- SSP5-8.5: Dieses Szenario geht von einem starken Anstieg der Emissionen aus. Die verstärkte Nutzung fossiler Brennstoffe und ein energieintensiver Lebensstil führen zu einem Temperaturanstieg von rund 5 °C bis Ende des Jahrhunderts. Klimaschutzmaßnahmen werden nur in geringem Umfang umgesetzt; die Herausforderungen der Klimaanpassung erfordern eine internationale Koordination.
Für jede klimabezogene Gefahr wurde eine standort- und objektbezogene Risikobewertung durchgeführt. Das Risiko setzt sich zusammen aus der Gefährdung des Standorts durch die jeweilige Naturgefahr (Gefährdungsanalyse) und dem damit verbundenen Schadenspotenzial für das Untersuchungsobjekt (Vulnerabilität).
Analyse der Auswirkungen, Risiken und Chancen im Zusammenhang mit biologischer Vielfalt und Ökosystemen
In einem zweistufigen Prozess bewerteten wir tatsächliche und potenzielle Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und Ökosysteme sowohl für unsere eigenen Aktivitäten als auch entlang der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette. Zunächst führte Beiersdorf eine Rückverfolgbarkeitsstudie unserer Palmöl-Lieferkette durch; in einem zweiten Schritt bewertete das Unternehmen mithilfe von Tools wie dem „Biodiversity Risk Filter“ (BRF) und dem „Water Risk Filter“ (WRF) des WWF biodiversitätsbezogene Risiken in den spezifischen geografischen Gebieten unserer eigenen Standorte und der Ölmühlen in der vorgelagerten Lieferkette. Als Gründungsmitglied der „Action for Sustainable Derivatives“ (ASD) führen wir seit 2019 außerdem eine jährliche Transparenzanalyse unserer Palmöl-Lieferkette durch, um Hotspots zu identifizieren, vorgelagerte Lieferketten offenzulegen und gezielt lokale Projekte zu unterstützen (siehe Kapitel „ESRS E4 – Biologische Vielfalt und Ökosysteme“).
Der BRF des WWF berücksichtigt sowohl das geografische Gebiet unserer Standorte als auch den Sektor, in dem wir tätig sind. Diese Faktoren bestimmen zusammen das gesamte Biodiversitätsrisiko eines Standorts, das anhand von 33 verschiedenen Indikatoren berechnet wird, die unterschiedliche Aspekte von Biodiversitätsrisiken abdecken. Für jeden Indikator wird ein Risikowert berechnet, der auf der Bewertung des Zustands dieses Biodiversitätsaspekts an einem spezifischen Standort basiert sowie auf der Abhängigkeit/Auswirkung des Sektors von diesem Indikator. Abhängigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die gewählte Branche auf Ökosystemdienstleistungen angewiesen ist, z. B. zur Bereitstellung von Wasser und Holz, oder zur Regulierung und Minderung von Umweltauswirkungen. Umgekehrt haben Branchen bestimmte Auswirkungen auf die biologische Vielfalt an ihren Standorten, z. B. durch direkte oder indirekte Ausbeutung, Umweltverschmutzung und Landnutzungsänderungen (einschließlich Umwandlung, Degradierung und Veränderung von Ökosystemen).
Physische Risiken wurden anhand unserer Abhängigkeit von intakten Ökosystemen und unserer Exposition gegenüber Ökosystemdegradation oder Naturgefahren bewertet. Standorte in Gebieten mit hoher Wasserknappheit oder schlechten Bodenbedingungen sind beispielsweise höheren physischen Risiken ausgesetzt. Der BRF bewertet diese Risiken unter Berücksichtigung der lokalen Umweltbedingungen und der Abhängigkeit der Industrie von Ökosystemdienstleistungen. Das Tool bewertet außerdem Übergangsrisiken, indem es berücksichtigt, wie sich politische Veränderungen, Trends im Konsumverhalten oder technologische Entwicklungen auf die Geschäftstätigkeiten einer Branche auswirken könnten.
Beiersdorf hat derzeit keine systemischen Risiken in seine Bewertung einbezogen und betroffene Gemeinschaften nicht direkt zu der Wesentlichkeitsanalyse gemeinsamer biologischer Ressourcen und Ökosysteme konsultiert.
Keines unserer Produktionszentren überschneidet sich mit Gebieten mit schutzbedürftiger Biodiversität, wie sie gemäß des WWF BRF definiert sind. Die Aktivitäten an den Standorten beeinträchtigen daher weder diese Gebiete noch führen sie zu einer Verschlechterung natürlicher Biotope und Lebensräume von Arten. Für unsere Geschäftstätigkeiten haben wir derzeit nicht bewertet, ob es notwendig ist, Maßnahmen zur Minderung der Auswirkungen auf die biologische Vielfalt umzusetzen, wie sie in der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments genannt werden.